Was hat Sie persönlich motiviert, sich im Bereich Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu engagieren und speziell im Rahmen der Initiative „Mittelstand & Moor“ auch für den Moorschutz einzusetzen?
Dr. Veltmann Klima geht uns alle an. Sowohl privat auf meinem Bauernhof in der Eifel als auch im MITTELSTANDSVERBUND engagiere ich mich persönlich seit vielen Jahren mit unterschiedlichen Projekten. Das Klimagas CO2 stand und steht dabei im Fokus. Die Vermeidung von Emissionen ist ein entscheidender Ansatz. Der reicht jedoch nicht aus. Wichtig ist auch, dass wir Maßnahmen ergreifen, die CO2 aus der Atmosphäre absorbieren. Hierbei spielen Moore eine besondere Rolle. Wo sie intakt sind, speichern Sie wie keine andere Naturlandschaft Kohlenstoff. Wo Moorböden entwässert werden, dringen dagegen große Mengen CO2 ins Freie. Wer es mit Klimaschutz ernst meint, kann dazu beitragen, das Verschwinden der Moore und die Entwässerung ehemaliger Moorflächen zu verhindern.
Mittelständische Unternehmen stehen für nachhaltiges Handeln. Das gilt nicht nur in rein wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch für soziale Fragen und insbesondere für die Gesunderhaltung des Lebensraumes. Insoweit war es nur naheliegend und konsequent, mit dem Patenschaftsprogramm „Mittelstand & Moor“ den Mitgliedern unseres Verbandes und deren Anschlussunternehmen die Möglichkeit zu verschaffen, sich direkt und unmittelbar für den Moorschutz zu engagieren.
Wie entstand die Idee zur Pilotinitiative „Mittelstand & Moor“ und welche Ziele verfolgen Sie mit der Initiative?
Dr. Veltmann Die Idee zu der Pilotinitiative entstand während der Durchführung eines vom Bundesumweltministeriums finanzierten Projektes zur Qualifizierung von sogenannten Klimaprofis zur Beratung mittelständischer Unternehmen in Sachen Klima- und Ressourcenschutz. DER MITTELSTANDSVERBUND beriet hierbei rund 1.000 Unternehmen aus dem Handel und dem Handwerk verschiedener Branchen in ganz Deutschland. Diese lösten teils sehr positive Reaktionen bei den Unternehmen, nicht selten sogar Begeisterung aus. Von einigen der geförderten Unternehmen wurde die Frage an uns herangetragen, ob nicht noch ein weitergehendes Engagement für den Klimaschutz in Deutschland ermöglicht werden könne. Das haben wir gerne aufgegriffen. Aufgrund meines naturwissenschaftlichen Hintergrundes war mir der besondere Wert der Moore für unser Klima präsent. Über das Netzwerk des Verbandes waren auch rasch ein Partner und eine geeignete Pilotfläche gefunden, um ein Patenschaftsprojekt aufzulegen.
Es gibt viele andere Umwelt-/Klimaschutzprojekte, z.B. zum Schutz von Wäldern. Warum haben Sie sich für das Thema Moorrenaturierung entschieden?
Dr. Veltmann Freilich wäre ein Projekt zum Schutz der Wälder auch in Frage gekommen. Allerdings in der Klimabilanz schneiden Moore gegenüber Wäldern regelmäßig besser ab. Gerade in Deutschland ist den Mooren in der Vergangenheit immer wieder – oft aus reiner Unkenntnis der Auswirkungen - übel mitgespielt worden. Weit über 90 Prozent aller ehemaligen Moore wurden für Landwirtschaft, Städtebau, Brennmaterial oder Gärtnerei in den vergangenen beiden Jahrhunderten trockengelegt. Heute kennen wir die Zusammenhänge und müssen im Sinne der Erhaltung unseres Planeten alles daransetzen, den ursprünglichen Zustand so weit wie möglich wieder herzustellen. Hierbei geht es im Übrigen nicht nur um die CO2-Bindung in Form des in der jährlich zuwachsenden Torfschicht als Kohlenstoff. Es geht ebenso um die enorme Speicherung von Wasser in Mooren und es geht um Erhalt und Wiederbelebung von besonderer Flora und Fauna.
Welche persönlichen Erfahrungen oder Erlebnisse haben Ihre Einstellung zum Moorschutz geprägt und die Entwicklung des Projektes beeinflusst?
Dr. Veltmann Aufgewachsen bin ich in der Voreifel in der Nähe eines Moores, das immer wieder Anlaufpunkt für Sonntagsausflüge war. Bis zu den 80er Jahren waren genaue Ortskenntnisse und Gummistiefel angesagt, später führten weite Holzstege mit vielfältigen Info-Tafeln aufgestellt. Die besondere Landschaft, die Pflanzen- und Tierwelt sowie die besonderen erstaunlich erhaltenen Fundstücke aus Vorzeiten faszinierten mich. Ebenso erzeugte der weiträumige Torfstich, der zum Glück aber bereits eingestellt war, meine Besorgnis. Bei der Initiierung des Projektes kamen mir diese Bilder immer wieder in den Kopf.
Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach der Mittelstand im Moorschutz und warum ist es wichtig, dass sich gerade kleine und mittlere Unternehmen für das Thema engagieren?
Dr. Veltmann Mittelstand ist ja keineswegs die Beschreibung für eine Betriebsgröße, die sich statistisch einordnen lässt. Mittelstand ist nach meinem Verständnis vielmehr eine Haltung: Sie ist geprägt von Mut, Risikobereitschaft, Zuverlässigkeit und Verantwortung. Deshalb ist nachhaltiges Wirtschaften im Mittelstand auch nicht irgendeine Managementmethode, sondern resultiert aus wertorientiertem langfristigen Handeln. Wo sich kleine und mittlere Unternehmen dem Moorschutz annehmen, manifestiert sich diese Haltung und unterstreicht deren Glaubwürdigkeit. Für immer mehr Kundinnen und Kunden bestimmen Kriterien dieser Art zunehmend sowohl den Konsum. Bei immer mehr jungen Menschen fördert es die Bereitschaft, sich als Mitarbeiter oder Mitarbeitrin für ein solches Unternehmen zu engagieren.
Wie können Verbundgruppen und Unternehmen Ihre ökologische Verantwortung übernehmen und gleichzeitig ökonomisch nachhaltig erfolgreich sein?
Dr. Veltmann Wer das Begriffspaar Ökologie und Ökonomie als gegensätzlich und konfliktgeladen interpretiert, macht einen entscheidenden Fehler. Denn weder die wirtschaftliche Entwicklung geht auf mittlere und gerade auch lange Sicht grundsätzlich zu Lasten der Umwelt, noch gehen ökologische Anstrengungen grundsätzlich zu Lasten der Ökonomie. Dort, wo die Umwelt „übernutzt“ wird, ist dies Ausdruck verzerrter Preissignale, welche die Kosten der Nutzung nicht richtig berücksichtigen. Oft sind es also die Rahmenbedingungen, die Verbundgruppen und Unternehmen zu einem Verhalten verleiten, das der Vermeidung von Umweltschäden nicht genügend Rechnung trägt. Ein Beispiel ist etwa die Konzessionsabgabe bei Strom, die nicht selten dazu führt, dass ein Unternehmen, das weniger Strom verbraucht, einen höheren Preis bezahlen muss. Dies verteuert nicht nur widersinnig die Kosten für den Einzelnen, sondern auch für die gesamte Volkswirtschaft. Ökonomisch wirken sich dagegen Projekte wie „Mittelstand & Moor“ aus, weil sie zugleich gut für eine positive Kommunikation genutzt werden können und über die entsprechenden Medien mehr Kundenbindung generieren.
Die Abschlussfrage darf natürlich nicht fehlen: Wie können Interessierte und Unternehmen sich an Mittelstand & Moor beteiligen oder unterstützen?
Dr. Veltmann Interessierte Unternehmen und Verbundgruppen können sich am besten mit einer mehrjährigen Patenschaft über die Sinnstifter Mittelstand für Mensch und Natur gGmbH an der Initiative „Mittelstand & Moore“ beteiligen. Die Patenschaft kostet pro Hektar und Jahr 600 Euro, die an die gGmbH zu entrichten sind. Die Paten bekommen eine Urkunde, die sie ggf. in ihren Geschäftsräumen aushängen können. Der ausführende Partner für die Wiedervernässung und Beaufsichtigung der Moorfläche ist die Wildnisstiftung Brandenburg. Ansprechpartnerin beim MITTELSTANDSVERBUND und der Sinnstifter gGmbH ist Frau Yu Xiao, Sie können Ihre Anfrage direkt hier über das Formular auf der „Mittelstand & Moor“ Homepage senden oder Frau Xiao unter info@mittelstandundmoor.de kontaktieren.
Das Interview wurde geführt von Yu Xiao.
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